Rheine. Der ungewöhnlich heiße und trockene Sommer 2018 hat es uns eindrücklich vor Augen geführt: Das Klima ändert sich, und zwar spürbar. Ein aktuelles Beispiel der kurzfristigen Folgen dieses Rekordsommers sind die derzeit in einigen Regionen des Landes knapp werdenden Heizölreserven. Aufgrund der anhaltend niedrigen Pegelstände können die Frachtschiffe auf Deutschlands Flüssen nicht mit voller Kapazität fahren. Angesichts dieser unmittelbaren Auswirkungen von Dürre und steigenden Temperaturen dürfen aber gerade die mittel- und langfristigen Konsequenzen des Klimawandels nicht außer Acht gelassen werden. Hier ist insbesondere die Frage bedeutend, wie unsere Siedlungsstrukturen an die künftigen Herausforderungen eines sich ändernden Klimas angepasst werden können.
Mit dieser Problemstellung beschäftigt sich seit 2016 das aus Mitteln der EU und des Landes NRW geförderte Projekt „Regionales Kompetenzzentrum energieautarker Stadtumbau“ – kurz „stadtklima Münsterland“, das bei der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH angesiedelt ist. Hier wird am Fallbeispiel der ehemaligen Damloup-Kaserne in Rheine detailliert untersucht, wie sich bestehende Siedlungs- und Konversionsflächen zu klimafreundlichen Stadtquartieren umgestalten lassen.
Am vergangenen Mittwoch stellten die Projektmitarbeiter die bisherigen Erkenntnisse, die in Form einer städtebaulichen Fallstudie zusammengefasst wurden, in der Aula der VHS und Musikschule Rheine vor. Als Hauptredner der Veranstaltung war der ARD-Wettermoderator und Wissenschaftsjournalist Karsten Schwanke geladen. Nach einer Begrüßung durch Bürgermeister Dr. Peter Lüttmann und EWG-Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen referierte Schwanke über das Thema „Unsere Städte im Zuge des Klimawandels“ und vermittelte den anwesenden Gästen eindrücklich die jetzt schon extremen Eigenheiten des Klimas in Städten. So lassen sich in Sommernächten innerstädtische Temperaturunterschiede von 10 Grad Celsius auf einer Entfernung von nur 100 Metern messen: Während zwischen Häuserschluchten noch 25 Grad Celsius herrschen, kommt ein benachbarter Park auf nur noch 15 Grad. Mit diesem und weiteren anschaulichen Beispielen schilderte Schwanke die Bedeutung einer klimafreundlichen Stadtentwicklung und kam zu dem Schluss: „Unsere Städte sind derzeit auf den Klimawandel noch nicht ausreichend vorbereitet“.
Im Anschluss diskutierten die Projektpartner Carsten Lang (WoltersPartner Architekten und Stadtplaner) und Andreas Hübner (Gertec GmbH Ingenieurgesellschaft) mögliche Bebauungsstrukturen und energetische Szenarien für die Beispielfläche Damloup. Prof. Dr. Martin Franz und David Heimann vom Institut für Geographie der Universität Osnabrück, die das stadtklima-Projekt wissenschaftlich begleiten, stellten die Ergebnisse ihrer Netzwerkforschung vor. Das stadtklima-Projekt kann demnach durch die Vernetzung von Unternehmen aus der münsterländischen Bau- und Energiewirtschaft mit Vertretern von Kommunen und kommunalen Einrichtungen entscheidend dazu beitragen, das Thema energieautarkes und klimafreundliches Bauen aus seiner Nische, in der es sich derzeit noch befindet, herauszuheben.
Felix Sewald, zuständiger Projektleiter bei der EWG für Rheine mbH, zog ein positives Fazit der Veranstaltung und erläuterte die weiteren Aktivitäten des Projektteams: „Wir haben nun einen wichtigen Meilenstein des Projekts erreicht. Mit der städtebaulichen Fallstudie als Diskussionsgrundlage möchten wir jetzt mit den Kommunen im Münsterland ins Gespräch kommen. Gerade kleinere Kommunen, die das Thema oft selbst nicht bearbeiten können, wollen wir mit unserer Prozesskompetenz bei der klimafreundlichen Siedlungsentwicklung unterstützen.“